Rund 200 Rastplätze entlang deutscher Autobahnen bekommen neue Schnellladestationen für Elektroautos. Eine davon liegt an der A3 in Richtung Köln. Was muss geschehen, damit E-Autos an Ladesäulen des Deutschlandnetzes Strom bekommen? Ein Baustellenbesuch.
Es ist Mittag und noch fehlen Schrauben. Die Bauarbeiter müssen kurzerhand umplanen und andere Arbeiten vorziehen. Ihr Zeitplan ist eng, kommende Woche wartet die nächste Baustelle.
Sie benötigen die Schrauben, um zwei Ladesäulen auf Betonfundamenten zu befestigen. Jede Säule wiegt etwa 900 Kilogramm, ist vollgepackt mit Technik und darf nicht ohne Sicherung stehen. „Das kriegen wir heute noch hin“, sagt Athanasios, Elektrotechniker aus Essen.
Elektrotechniker Athanasios bereitet die fabrikneue Ladesäule auf die Montage vor.
Kurze Zeit später kommt ein Kollege mit den fehlenden Schrauben – sowie mit schwarzem Kaffee und Schokoriegeln für die Männer auf der Baustelle. Sie arbeiten auf dem Rastplatz Logebachtal Ost, während neben ihnen der Verkehr auf sechs Fahrspuren über die Hügel des Siebengebirges rauscht. Der Rastplatz ist voll mit Lkws und im Minutentakt halten Autofahrende für eine kurze Pause.
Der Deutschlandnetz-Ladepark entsteht direkt an der A3. Rechts, gleich hinter der Ausfahrt, steuern Autofahrende direkt auf die Ladesäulen zu.
In Zukunft sollen hier vier Elektroautos gleichzeitig mit bis zu 400 kW schnellladen können. Das Konsortium autostrom.plus errichtet die Ladepunkte im Rahmen des Deutschlandnetzes, insgesamt baut und betreibt die Firma 99 der 200 Autobahn-Standorte. Die weiteren Ladeparks werden von E.ON Drive, Fastned und TotalEnergies realisiert. Zusammen mit den Standorten abseits der Autobahn entstehen 9.000 Ladepunkte, die das Deutschlandnetz bilden. Sie alle werden im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr (BMV) gebaut. Wie man die nächstgelegene Ladestation findet, beschreiben wir in einem eigenen Artikel.
Innerhalb weniger Wochen ist ein neuer Ladepark fertig
„Auf unseren Baustellen geht es zügig voran“, sagt Standortkoordinator William Laubersheimer. Für den Standort Logebachtal Ost dauerte es beispielsweise nur acht Monate von der ersten Planung bis zum Aufstellen der Ladesäulen. Die Autobahn GmbH erteile alle für den Bau notwendigen Freigaben schnell und zuverlässig. „Nach etwa acht Wochen ist ein Standort baulich fertig“, so Laubersheimer. „Wir arbeiten eng mit der Autobahn GmbH zusammen, und alle suchen stets nach Lösungen.“
Ingenieur William Laubersheimer betreut parallel den Bau von zehn Deutschlandnetz-Ladeparks – vom Rheinland bis ins Saarland. Er arbeitet für das Unternehmen Drees & Sommer, das autostrom.plus mitgegründet hat.
Die zügige Umsetzung ist der guten Vorarbeit der Autobahn GmbH zu verdanken. Bereits 2021 begann sie mit den Vorbereitungen für das Deutschlandnetz, erläutert Michael Schmelz, Teamleiter für die Ladeinfrastruktur im Autobahnnetz. Seine Fachleute und die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur untersuchten Hunderte von Rastplätzen. Die Leitstelle analysierte und prognostizierte den Bedarf an Ladesäulen, während die Autobahn GmbH prüfte, welche Rastanlagen geeignet sind. „Im Laufe der Ausschreibung mussten wir einige Standorte ändern, da es Probleme mit dem Stromnetzanschluss gab oder sich bauliche Veränderungen auf den Rastanlagen ergaben“, sagt Schmelz.
Autobahn GmbH kümmerte sich früh um Stromnetzanschlüsse
Nachdem die Standorte feststanden, beantragte die Autobahn GmbH beim örtlichen Stromnetzbetreiber den Bau einer Mittelspannungsleitung bis zum Rastplatz – insgesamt also 200 Anschlüsse. Schmelz sagt: „Im Idealfall hatten wir bereits mit dem Stromnetzbetreiber die Verlegung des Kabels abgestimmt, bevor die Planung auf der jeweiligen Rastanlage begann.”
An jedem Standort arbeiten zahlreiche Fachleute zusammen. Projektleiter Laubersheimer kommt kaum mit dem Aufzählen hinterher: „Baugrundgutachter, Kampfmittelräumer, Vermesser, Mitarbeiter der Autobahnmeisterei, Dachdecker, Tiefbauer und Elektrotechniker ...“ Nach Abschluss der Bauarbeiten prüfen TÜV oder Dekra die Sicherheit und die Konformität mit dem Eichrecht. Anschließend gibt die Autobahn GmbH den Betrieb frei und der Ladepark kann eröffnen.
Autofahrende profitieren von Dach, Licht und Toilette vor Ort
Die Bauarbeiter erleben immer wieder direkte Reaktionen von Autofahrenden. „Neulich hat sich jemand lautstark über die Baustelle beschwert“, erzählt Laubersheimer. Demgegenüber stehen jedoch mehr positive Rückmeldungen, insbesondere zu dem großzügigen Dach. Jeder Autobahn-Standort verfügt über ein 4,50 Meter hohes Dach mit Beleuchtung, die durch einen Bewegungsmelder aktiviert wird. Gut möglich, dass Laubersheimer bald Kunde an den von ihm gebauten Ladestationen wird: Er fährt selbst vollelektrisch zu den Baustellen.
Auch Kranfahrer Michael freut sich über die neuen Lademöglichkeiten. Zwar hebt sein Kran an diesem Tag die Ladesäulen mithilfe eines Dieselmotors, doch privat fährt Michael lange Strecken elektrisch. „Das ist heute ja schon kein Problem mehr“, sagt er, „und bald gibt es noch mehr Ladestationen, sogar direkt an der Autobahn.“