Einblick in die Technik

Wie eine Schnellladesäule für Elektroautos funktioniert

18. Nov 2024

5 Minuten

Mitarbeiter arbeiten in einer Fabrikhalle an der Montage großer, grauer Schaltschränke mit sichtbaren Kabeln und elektrischen Komponenten.

Foto: Siemens AG, 2024

Eine Schnellladesäule versorgt Elektroautos in Minuten mit Strom für hunderte Kilometer. Wie arbeitet so eine Ladesäule – was steckt in ihr drin? Wir schauen unter das Gehäuse.

DC-Laden: Wechselstrom wird zu Gleichstrom 

Schnell laden und dann schnell weiterfahren – aber haben Sie sich mal gefragt, wie Elektroautos in kurzer Zeit so viel Strom aufnehmen? Die Antwort verbirgt sich unter dem Gehäuse der Ladestation.  

Das Schnellladen unterscheidet sich vom Normalladen an einer Wallbox zu Hause vor allem in einem Punkt: Wechselstrom (AC) wird außerhalb des Fahrzeugs in Gleichstrom (DC) umgewandelt und zum Speichern in die Batterie geladen. Beim Laden an der heimischen Wallbox geschieht diese Umwandlung von Wechselstrom zu Gleichstrom im Fahrzeug selbst.  

 

Akkus benötigen Gleichstrom zum Aufladen 

Doch wie unterscheiden sich die beiden Stromarten? In den Kabeln unter der Straße und in Wohnhäusern fließt Wechselstrom. Wechselstrom ist ein elektrischer Strom, dessen Richtung sich regelmäßig ändert. Er wird durch eine Wechselspannung erzeugt, die regelmäßig ihre elektrische Polarität wechselt. Im deutschen Netz geschieht dieser Richtungs- bzw. Spannungswechsel 50 mal pro Sekunde. Man spricht deshalb von einer Frequenz von 50 Hertz (Hz). Bei Gleichspannung ändert sich die Polarität und damit die Stromrichtung nicht, sie bleibt konstant. 

Küchengeräte nutzen den Wechselstrom direkt aus der Steckdose. Batterien jedoch benötigen Gleichstrom. Deshalb haben Ladekabel von batteriebetriebenen Geräten wie Smartphones und Laptops ein Netzteil, das Wechsel- in Gleichstrom umwandelt. Im Falle von Elektroautos ist das Netzteil etwas größer: die Ladesäule. Logisch, denn durch eine Ladesäule fließt natürlich viel mehr Energie als beispielsweise beim Aufladen eines Handys. 

Schaubild: Was in der Ladesäule drinsteckt

Eine schematische Darstellung einer Ladestation für Elektrofahrzeuge, die die internen Komponenten und deren Verbindungen zeigt, mit nummerierten Punkten zur Erläuterung.

Der Stromanschluss (1) bringt Wechselstrom in die Ladesäule. Ein Netzfilter (2) beseitigt störende Frequenzen, bevor Gleichrichter (3) von Wechsel- zu Gleichstrom wandeln. Über Stromschienen (4) fließt der Gleichstrom in die Ladekabel (5). Dabei entstehende Wärme wird häufig über Kühlflüssigkeit abgeführt und in einem Wärmetauscher (6) an die Luft abgegeben. Lüfter (7) transportieren die warme Abluft (8) nach draußen.

Gleichrichter brauchen viel Platz in der Ladesäule

Die Umwandlung von Wechselstrom zu Gleichstrom erledigen sogenannte Gleichrichter. Laden zeitgleich zwei Fahrzeuge an der 400-Kilowatt-Säule, teilen sie sich die Gleichrichter und damit die maximale Leistung. Die Zuteilung erfolgt oft dynamisch: „Die Ladesäule kommuniziert mit den Autos“, erläutert Marcus Bücken von Siemens Smart Infrastructure. „Jedes Auto fordert seine individuelle Spannung an und daraus ergibt sich die Ladeleistung.“  

Bevor der Strom von den Gleichrichtern ins Fahrzeug fließt, durchläuft er einen Gleichspannungswandler, auch DC-DC-Wandler genannt. Dieser regelt die Gleichspannung genau auf das Spannungsniveau, das vom Fahrzeug angefordert wird. Je höher die Bordspannung des Fahrzeuges ist, desto schneller kann es laden. Von Stromschienen aus wird dann der Strom zum Ladekabel geleitet. 

Ein Arbeiter in Overalls und Handschuhen montiert elektrische Komponenten in einem großen, offenen Schaltschrank in einer Fabrikhalle.

Eine Ladesäule von innen. Siemens produziert sie unter anderem in Leipzig. Foto: Siemens AG, 2024

Lüfter und Flüssigkeit führen die Wärme ab 

Fließt sehr schnell viel Strom, entsteht durch die Bewegung der Teilchen Wärme. Deshalb sind innerhalb der Ladesäule Lüfter notwendig, um die Wärme nach außen abzuführen – ähnlich wie bei Computern, die sich bei hoher Leistung erwärmen und die Wärme ebenfalls über Lüfter abführen.  

Warum sind manche Ladesäulen sehr schmal und lüften gar nicht? Bei diesen Modellen sind die Gleichrichter und weitere Leistungselektronik in separaten Kästen untergebracht. So wird auf dem Parkplatz etwas Platz gespart. 

Wärme ist auch bei den Ladekabeln und Steckersystemen eine Herausforderung. Werden sie durch schnelles Laden zu warm, reduziert die Ladesäule automatisch die abgegebene Leistung. Deshalb fließt in vielen Kabeln Kühlflüssigkeit: Sie transportiert die Wärme zu einem Wärmetauscher in der Säule, wo sie an die Luft abgegeben wird. 

 

Viele Mechanismen schützen vor Hitze oder Stromschlag 

Überhitzen kann die Ladesäule nicht. Sensoren messen die Temperatur – und würden sie im Notfall abschalten. Deshalb müssen sich Nutzende auch keine Sorgen um eine Brandgefahr machen, sagt Marcus Bücken von Siemens: „Es sind viele Sicherheitsmechanismen eingebaut, die vor Überströmen, Überspannung, Blitzschlag und Übertemperatur schützen.“ Das Gehäuse der Ladesäule sei geerdet, wodurch auch ein Stromschlag nicht möglich ist. „Es liegt nur dann Spannung an den Kontakten an, wenn der Stecker im Fahrzeug steckt, dieser mechanisch verriegelt ist und das Fahrzeug dies auch bestätigt hat“, erläutert Bücken.

Volt, Ampere – und was ist Watt?

Watt bzw. Kilowatt

Wattstunde bzw. Kilowattstunde

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Ladeleistung

Ist das Schnellladen mit 400 kW das technische Maximum? Nein. Der Flaschenhals sei hier das Kabel zwischen Säule und Auto, sagt Marcus Bücken. Doch technische Fortschritte sind schon in Arbeit. So sollen Lastwagen und Busse künftig mit mindestens 1 Megawatt, also 1.000 kW, laden. Auf dem Pkw-Markt gibt es jedoch noch keine Modelle, die eine Ladeleistung von mehr als 400 kW schaffen.

 

Strom muss vor Ort transformiert werden 

Ein Standort mit mehreren Schnellladesäulen bezieht viel Strom aus dem Netz. Er wird deshalb nicht aus dem Niederspannungsnetz entnommen, an das Haushalte angeschlossen sind, sondern aus dem Mittelspannungsnetz. In der Regel handelt es sich dabei um Verteilnetze, die mit 10.000 oder 20.000 Volt betrieben werden. Ist vor Ort nicht genügend Leistung aus dem Mittelspannungsnetz verfügbar, muss ein neues Kabel zum künftigen Ladepark verlegt werden. Dort wandelt ein Transformator die Mittelspannung in eine Niederspannung von 400 Volt um, an die die Ladesäulen angeschlossen werden. 

Ein Diagramm, das zeigt, wie ein Transformator Mittelspannung in Niederspannung umwandelt, um mehrere Ladestationen für Elektroautos zu versorgen.

So ist ein Ladepark aufgebaut: Ein Transformator bringt den Strom auf die benötigte Niederspannung. 

Sollte kein Anschluss an Mittelspannung möglich sein, bieten Hersteller wie Siemens einen Pufferspeicher: Eine große Batterie fungiert dabei als eine Art Reservoir. Sie wird immer dann mit geringer Leistung geladen, wenn gerade kein Fahrzeug lädt, und kann hohe Leistung abgeben, sobald ein Fahrzeug schnell laden möchte. Mit diesem System können auch an Orten mit geringer Netzanschlussleistung Standorte fürs Schnellladen entstehen. 

 

Alte Ladesäulen werden später recycelt 

Und wie nachhaltig ist eigentlich so eine Ladesäule? Hersteller Siemens gibt an, dass seine Schnellladesäulen formal auf zehn Jahre mit täglich zwölf Stunden Betrieb ausgelegt sind, danach funktionieren sie natürlich auch noch. Nach Ende der Lebensdauer können laut dem Unternehmen mehr als 70 Prozent der Materialien, insbesondere Metalle, recycelt und acht Prozent der zur Herstellung benötigten Energie wiedergewonnen werden. 

Zwei spannende Daten zum Schluss: Eine voll ausgestattete 400-kW-Schnellladesäule wiegt knapp eine Tonne und kostet etwa so viel wie ein Oberklasseauto. 

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