Was passiert mit gebrauchten Akkus?

So funktionieren Zweitnutzung und Recycling von E-Auto-Batterien

16. Jul 2025

4 Minuten

Innenansicht einer Batterierecyclinganlage mit Maschinen und Rohrleitungen, wo ein Arbeiter in Schutzkleidung die Maschine überwacht.

Eine Batterie-Recyclinganlage von Mercedes-Benz. Quelle: Mercedes-Benz Media.

Hat eine Elektroauto-Batterie ausgedient, gibt es verschiedene Optionen. Sie kann direkt ins Recycling, das wertvolle Rohstoffe zurückgewinnt. Oder sie erhält ein zweites Leben – zum Beispiel in einem stationären Batteriespeicher.

Die Hochvoltbatterie ist das Herzstück des Elektroautos – und eine seiner teuersten Komponenten. Ihre Herstellung benötigt je nach Zellchemie seltene Rohstoffe wie Lithium, Graphit, Kobalt und Nickel. Daher ist es umso wichtiger, diese Ressourcen zu schonen und im Kreislauf zu halten. Denn im Gegensatz zum Verbrennungsmotor, der Treibstoff unwiderruflich verbrennt, können diese Materialien zurückgewonnen werden.   

Lebenszyklus einer Elektroauto-Batterie

Lithium-Ionen-Batterien (LIB) sind aufgrund ihrer hohen Energiedichte, ihrer langen Lebensdauer und ihres geringen Wartungsbedarfs weit verbreitet. Ihr Einsatz im Auto endet, wenn ihre Restkapazität auf etwa 70 Prozent gesunken ist. Die Euro-7-Norm schreibt vor, dass die Batterien nach acht Jahren oder 160.000 Kilometern eine Restkapazität von mindestens 72 Prozent aufweisen müssen. Untersuchungen zeigen, dass die meisten Batterien auch nach 200.000 Kilometern noch über mehr als 80 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität verfügen.

Auch nach ihrem Leben im Fahrzeug können die Akkus noch Energie speichern. Wenn Zustand und Leistung es erlauben, können die Batterien ein zweites Leben in einer anderen Anwendung erhalten. Fachleute sprechen dann von Second-Life-Batterien. Unternehmen setzen sie zum Beispiel in stationären Energiespeichern ein, in denen viele alte Batterien zu einer leistungsstarken Gesamtbatterie zusammengeschaltet werden.

Second Life: ein zweites Leben im Batteriespeicher 

Ein stationärer Speicher dient als Zwischenspeicher (Puffer): Er nimmt überschüssigen elektrischen Strom aus Windparks, Solaranlagen oder aus dem Stromnetz auf, speichert diesen und gibt ihn bei Bedarf wieder ab. So hält die Anlage das Stromnetz stabil und trägt dazu bei, dass auch in wind- oder sonnenschwachen Zeiten erneuerbare Energie zur Verfügung steht und leistet damit einen Beitrag zur Energiewende. 

Wie das in der Praxis funktioniert, zeigt ein Pilotprojekt der Audi AG auf dem EUREF-Campus in Berlin. Dort betreibt das Unternehmen seit 2019 einen stationären Batteriespeicher aus 20 gebrauchten Lithium-Ionen-Batterien von Testfahrzeugen. Mit der 110 Quadratmeter großen Anlage erprobt der Automobilhersteller verschiedene Anwendungen im Zusammenspiel von Elektrofahrzeugen und Stromnetz. „Zusammengeschaltet liefern die Batterien eine Gesamtleistung von einem Megawatt bei einer Kapazität von fast zwei Megawattstunden“, sagt Alexander Kupfer, Projektmanager bei der Audi AG. Damit könnte der Speicher den 5,5 Hektar großen Campus für knapp zwei Stunden autark mit Strom versorgen.  

Der Batteriespeicher von Audi besteht aus 20 Lithium-Ionen-Batterien, die nach dem Plug-and-Play-Ansatz zusammengeschaltet werden. Quelle: Audi AG

„Der Speicher ist wie eine Seniorenresidenz für Batterien, in der sie noch gut rödeln können“, erläutert der Projektmanager. Der stationäre Betrieb ist schonender für die Batterien, weil Laden und Entladen gleichmäßiger und langsamer erfolgen. „Wir schätzen, dass der Speicher im Jahr 2030 noch über 80 Prozent Kapazität haben wird. Er kann also noch viele Jahre laufen, bis die Batterien ins Recycling gehen.“ 

Ob sich die Zweitnutzung als zusätzlicher Schritt vor dem Recycling etablieren wird, sei noch offen: „Aktuell ist der Second-Life-Einsatz für uns sinnvoll und profitabel. Angesichts des steigenden Bedarfs an Batterien für die E-Mobilität und der sinkenden Preise für Neubatterien glaube ich, dass die meisten Batterien in Zukunft jedoch direkt ins Recycling gehen werden“, sagt Kupfer.   

Batterie-Recycling: das sind die gängigsten Verfahren 

Viele Fachleute sehen im Recycling eine Lösung, um den künftigen Batteriebedarf zu decken und die Abhängigkeit von außereuropäischen Rohstoffen wie Lithium, Kobalt und Mangan zu verringern. Denn diese Materialien sind in Europa selten und müssen meist importiert werden. 

Die drei gängigsten Verfahren der Rohstoff-Rückgewinnung sind die Pyrometallurgie, die Hydrometallurgie und das direkte Recycling. Beim pyrometallurgischen Verfahren werden die Batterien bei sehr hohen Temperaturen geschmolzen. Die Metalle trennen sich aufgrund ihrer unterschiedlichen Schmelzpunkte und Dichten. „Das ist aber energieintensiv, und es entstehen giftige Gase, die aufwändig nachbehandelt werden müssen“, sagt Helmut Ehrenberg vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Außerdem gehen wertvolle Materialien wie Lithium oder Graphit verloren. Lithium lässt sich auffangen und in weiteren Schritten zurückgewinnen, Graphit verbrennt zu CO₂ und ist endgültig verloren.  

Viele Unternehmen setzen deshalb auf hydrometallurgische Verfahren, „weil sie derzeit den besten Kompromiss zwischen Anteil und Qualität der wiedergewonnenen Bestandteile und dem Aufwand bieten“. Dabei werden die Stoffe chemisch aufgetrennt und die Metalle separiert. Dieses Verfahren ermöglicht die Rückgewinnung von Lithium und liefert Metalle in hoher Reinheit. 

„Am vielversprechendsten und umweltfreundlichsten ist aber das direkte Recycling“, sagt Ehrenberg. Dabei werden die Batterien mechanisch zerkleinert und die Materialien durch Sieben, Sortieren und andere physikalische Methoden getrennt. „Das Verfahren steht noch am Anfang, da es voraussetzt, dass die Zelle dafür konzipiert ist und Informationen über ihren Inhalt vorliegen. Es erfordert jedoch den geringsten Einsatz von Energie und Chemikalien, um Materialien direkt in der Form bereitzustellen, die für den erneuten Einsatz in einer Zelle notwendig ist.“ 

Luftaufnahme einer weitläufigen Mercedes-Benz Recyclinganlage mit mehreren Gebäuden, die teilweise begrünte Dächer und Photovoltaikanlagen aufweisen.

Die Batterie-Recyclinganlage von Mercedes-Benz wurde im Oktober 2024 im süddeutschen Kuppenheim eröffnet. Quelle: Mercedes-Benz Media.

Innenansicht einer Industrieanlage von Mercedes-Benz mit weißen Rohrleitungen, Metallstrukturen und Maschinen in Gelb- und Türkistönen.

Sie gewinnt die Wertstoffe der Elektroauto-Batterie in einem mechanisch-hydrometallurgischen Verfahren zurück. Quelle: Mercedes-Benz Media.

Ein Arbeiter in weißem Schutzhelm und dunkler Arbeitskleidung bedient einen gelben Kran, der Batteriemodule auf ein Förderband in einer Batterierecyclinganlage hebt.

Das Verfahren arbeitet mit niedrigen Prozesstemperaturen von bis zu 80 Grad Celsius und verbraucht weniger Energie als die Pyrometallurgie. Quelle: Mercedes-Benz Media.

Batterie-Recycling: die Gesamtbilanz zählt 

Forschung und Industrie arbeiten daran, die Recyclingverfahren zu optimieren, um die Umweltbelastung zu minimieren, die Ausbeute an Recyclingmaterial zu erhöhen und die Prozesse wirtschaftlicher zu gestalten. „Auch wenn sich prinzipiell fast alle Materialien zurückgewinnen lassen, ist das ökonomisch und ökologisch nicht immer sinnvoll. Denn das ist energieaufwendig und teuer“, sagt Ehrenberg.  

Für den Experten zählt die Gesamtbilanz: „Der Aufwand, der in die Aufbereitung gesteckt wird, muss im Verhältnis zu den wiedergewonnenen Materialien stehen.“ Entscheidend sei auch, dass ein echter Kreislauf entstehe. „Die Materialien sollten nicht nur zurückgewonnen und für andere Zwecke verwendet werden, sondern idealerweise in die Produktion neuer Batteriezellen einfließen.“  

Expertinnen und Experten rechnen damit, dass sich das Recycling in Europa ab dem Jahr 2030 lohnen wird – auch, weil dann genügend Altbatterien vorhanden sind. Laut einer Studie von Transport & Environment (T&E) könnten 2030 40 Prozent des Bedarfs an Kobalt und mehr als 14 Prozent des Bedarfs an Lithium, Nickel und Mangan für die Neubatterieproduktion aus dem Recycling von Altbatterien und Produktionsabfällen stammen. 

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